HV begrüßt Entscheidung gegen Sterbehilfe-Verbot
„Die Entscheidung aus Karlsruhe bedeutet eine große Erleichterung für alle Menschen in Deutschland, die Wert auf die Selbstbestimmung bis zum Lebensende legen. Sie ist aber auch eine höchstrichterliche Ohrfeige für jene, die es unheilbar kranken und leidenden Menschen in den vergangenen viereinhalb Jahren quasi unmöglich gemacht haben, ärztliche Unterstützung beim Suizid zu erhalten.“ Das sagte der Vorstand der Humanistischen Vereinigung Michael Bauer zum heute verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az. 2 BvR 2347/15 u. a.).
Erfreut äußerte sich der HV-Vorstand und zertifizierte Berater für Ethik in der Medizin mit Blick auf das Urteil auch deswegen, weil darin ausdrücklich ebenfalls die von humanistischer Seite bereits vor dem Verbot immer wieder geforderte grundsätzliche Regulierung der Suizidbeihilfe zur Sprache kommt.
Michael Bauer bekräftigte aus diesem Anlass zugleich die Forderung, dass eine im Sinne des Urteils humanistisch geprägte Regulierung mit der Einführung einer qualifizierten Suizidkonfliktberatung einhergehen sollte. Diese sollte primär der Suizidprophylaxe dienen, zugleich jedoch ergebnisoffen sein. „Wenn die in der Beratung gemeinsam erörterten Alternativen und Hilfsangebote vom Sterbewilligen nicht angenommen werden und keine Zweifel an der Freiwillensfähigkeit bestehen, sollte eine ärztliche Suizidassistenz prinzipiell möglich sein“, sagte er hierzu.
Er betonte außerdem: „Eine gute hospizliche und palliativmedizinische Versorgung stehen nicht im Widerspruch zu der von uns seit Jahren vorgeschlagenen Regulierung der Suizidbeihilfe. Im individuellen Fall können sie einander sogar ergänzen. So kann die Menschenwürde der einzelnen Person und ihre Autonomie bis zum Lebensende aufrechterhalten werden. Nach dem heutigen Urteil sollte niemand mehr diese Themen gegeneinander ausspielen.“
Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das im Jahr 2015 in § 217 StGB normierte Verbot, Menschen beim selbstbestimmten Suizid zu helfen, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Die in Wahrnehmung dieses Rechts getroffene Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, ist im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren. Eine Verpflichtung zur Suizidhilfe darf es jedoch nicht geben, hieß es.